Das Schwein, das Caruso so liebt.
FFF'09: THE CHILDREN (Tom Shankland, Großbritannien 2008)
Ich habe mich jetzt zwei Stunden vor dem Eintrag gedrückt, weil ich CHILDREN eigentlich nicht mit einer kurzen Notiz abfrühstücken will. Viel zu komplex ist das Figurengerüst, das auf dem minimalistischen Plot aufbaut, und viel zu effektiv außerdem die Ästhetik, als dass ich das gerne mit einem lakonischen "creepy" kommentieren möchte. Ich bin jedenfalls einigermaßen überzeugt, dass Shankland auch einen ernstzunehmenden Horrorfilm über Wurstbrote hinbekommen könnte. Der Grusel, die Bedrohung, die von den Kindern ausgeht, entsteht schon weit vor der Eskalation, und diese Affekte produzieren sich einzig aus der Inszenierung. Schnelle Schnitte, eine leicht überdrehte Tonspur, ein basslastiger und gerne mal disharmonischer Score, demgegenüber eine trügerisch ruhige Kameraführung - all das trägt dazu bei, die Situation dieses vermeintlich heilen Familienfests schon vor den Morden als höchst unangenehm zu empfinden. Dazu trägt auch die etwas seltsame Idee bei, auch unter den Erwachsenen keine wirkliche Identifikationsfigur zu präsentieren, und ihre Beziehungen untereinander unterschwellig brodeln zu lassen. Zwischen ihnen und den Kindern steht - nicht nur hinsichtlich ihres Alters - die adoleszente Casey, ein vielleicht 16-jähriges und sehr un-vielleicht pubertierendes Mädchen, und es ist wohl auch ihre Perspektive, die der Film am ehesten einnimmt. Sie vereint einen distanzierten, emotional noch nicht beeinträchtigten Blick auf die mörderischen Kinder mit einer mindestens ebenso großen Distanz zur Elterngeneration, und es ist wohl auch kein Zufall, dass ausgerechnet ihre Mutter - zu der sie offenbar ein gutes Verhältnis hat - als einzige Erwachsene wenigstens ansatzweise sympathisch erscheint. Auf der anderen Seite bringt diese Zwischenposition aber auch eine gefährliche Rohheit mit sich: Die Besessenheit oder Krankheit, die von den Kindern Besitz ergreift, scheint vom umgebenden Wald auszugehen, und jedenfalls ist es eine ungestüme Prä-Zivilisiertheit, welche die Kinder letztlich zu ihrem diabolischen Treiben anleitet. Auf der anderen Seite ist das Planleben der Eltern, bei denen jede Handlung sinnvoll und vernünftig sein muss, und das zielgerichtete Leben Priorität bekommt - was sie natürlich auch mit einer entsprechenden Erwartungshaltung an die Kinder verbinden. Casey ist noch längst nicht erwachsen, aber dem skurril-selbstbezogenen Spiel der Kinder doch längst entwachsen. Zwiespältig ist also auch, wie sie von dem dämonischen Einfluss betroffen ist - ihre Reaktionen auf das Geschehen schwanken zwischen elterlicher Ratio und kindlichem Trieb zur Gewalt. Shankland illustriert diesen Umstand einmal mit einer bemerkenswerten Ellipse, zwischen Caseys Erkenntnis, dass ihre älteste Halbschwester offenbar ebenfalls betroffen ist, und einem unerklärlichen Gewaltausbruch ihr gegenüber - wie es zu dieser Eskalation kam, bleibt ungeklärt. Auch das Verhalten der Kinder ihr gegenüber ist zweideutig: Mal sehen sie in ihr den erwachsenen Feind, später dann wird sie wieder unerklärlicherweise verschont, ist potentielle Spielkameradin.
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Ich breche hier ab. THE CHILDREN ist viel zu komplex, um ihn in einem kurzen FTB-Eintrag einigermaßen umfassend zu besprechen. Jedenfalls ist er aber noch vor CARRIERS mein bisheriges Festival-Highlight.

Etwas ausführlicher ist es noch im F.LM-Podcast zu hören.
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FFF'09: A FILM WITH ME IN IT (Ian Fitzgibbon, Irland 2008)
Kennt man Einen, kennt man Alle. Einer, das wäre in diesem Fall sowas wie VERY BAD THINGS oder SERIAL LOVER oder dieses Ding mit Harvey Keitel und Cameron Diaz, dessen Name mir grade nicht einfallen will. Eben Filme mit lustigen Zufallsmorden, die der völlig ratlose Protagonist dann verzweifelt vertuschen will, was ihm schlussendlich dank seiner prinzipiellen Unschuld natürlich auch gelingt. Im Grunde ein sehr simpel-zynisches Konzept, das gleichzeitig bei all der behaupteten Boshaftigkeit (Warum gilt "schwarzer Humor" eigentlich so oft als böse? Eigentlich ist das doch oft genug lammfromm, was wir in solchen Filmen zu sehen bekommen...) irgendwie auch puristisch verweigert, mal echte Tabus zu brechen. A FILM WITH ME IN IT ist da keine Ausnahme, und als solche nicht einmal ein besonders bemerkenswerter Vertreter seiner Art. Sicher, da ist vieles witzig, und das irische Loser-Setting muss man schon sehr sympathisch finden. Aber letztlich bleibt der Film darüberhinaus auch extrem pointless, spätestens, wenn am Schluss der im Titel angedeutete Meta-Diskurs dem Zuschauer wild gestikulierend und "Hier bin ich!" rufend ins Gesicht springt. Es ist jetzt nicht so, dass Fitzgibbons Film etwas ganz Schlimmes wäre. Aber von dem behaupteten Festivalhighlight (laut Filmeinkäuferin Frederike) ist das auch ganz weit entfernt. Ja, ich gehe sogar noch etwas weiter: Von den bisher gesehenen sechs Filmen ist A FILM WITH ME IN IT die erste Enttäuschung.
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FFF'09: INFESTATION (Kyle Rankin, USA 2009)
Ich habe lange gehadert: Filme, die im Programmheft schon als Horrorkomödien angepriesen werden, sind auf dem Festival meist keine gute Idee. Infantiler Schwachfug auf der Leinwand wäre noch erträglich, wenn nicht gleichzeitig noch massiver Fremdscham für die hysterisch-aufgeplusterten Lacher im Publikum aufkäme. Schließlich bin ich aber der Empfehlung von Bate im cinefacts gefolgt, dass INFESTATION diese Gelüste nach hemmungslosem Nerd-Jerking samt Kettensägen-Closeups keineswegs befriedigt sondern tatsächlich eine echte Komödie zu erzählen hat. Und bereut habe ich es kein bißchen: INFESTATION begeht nie den Fehler, aus seinem geringen Budget Kapital schlagen zu wollen und mit den etwas schwachbrüstigen Effekten zu kokettieren, im Sinne von "schaut mal wie geil scheiße das aussieht". Stattdessen findet der Film seinen Humor in recht fein geschriebenen Dialogen, anstatt einfach nur auf die Slapstick-Buschtrommel zu klopfen. Auch verzichtet er dankenswerterweise auf jegliches Referenzgetue und andere Meta-Spielereien, sondern konzentriert sich auf die minimalistische Prämisse seines Plots. Dabei gewinnt INFESTATION noch zusätzlichen Reiz aus einer leicht ellipsenhaften Erzählung und kokettiert - wenn es denn kein Vorführungsfehler war - einmal sogar mit dem Grindhouse-Mythos der fehlenden Filmrolle. Aber allein, dass man eben nicht weiß, ob der sehr holprige Schnitt samt Auslassung zwischen Coopers Zögern, seinen Vater aus dem Kokon zu befreien, und dem Auftritt von Ray Wise als schrulliger Papa, beabsichtigt oder ein Vorführfehler war, spricht dafür, dass INFESTATION mit diesen Unzulänglichkeiten nicht kokettieren muss. Im Ergebnis ist das dann deutlich subtiler und angenehmer eingebaut als in Rodriguez' PLANET TERROR. Wie ich überhaupt Rankins Film gerade ob seiner ehrlichen Naivität für den sympathischeren GRINDHOUSE-Beitrag halte. Auch ohne Zombies und Splattereien.
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FFF'09: TELL-TALE (Michael Cuesta, Großbritannien/USA 2009)
Erster Film des Gurkenslots, wochentags um 15 Uhr. Und eigentlich nicht so recht Lust darauf gehabt, weil ich schon die behauptete Nähe der Geschichte zu Poes "Tell-Tale Heart" etwas plump und bemüht fand. Nebenbei ist sie das auch, stört letztlich aber nicht den recht schönen Film. Ästhetisch sieht man darin durchaus einiges vom Produzenten Tony Scott, wenn auch eher in Sachen Bildkadrierung und (übrigens: tolles) Spiel mit der Bildschärfe, als dass TELL-TALE dessen signature-Schnitte einsetzen würde. Spannend am Plot ist die Motivlage des Protagonisten, und seines implantierten Spenderherzens: Während er eigentlich nur endlich in Ruhe und gesund leben möchte, sucht das Herz Rache. Und zwar nicht nur an den Mördern seines ehemaligen Besitzers, sondern ein bißchen schon auch dafür, jetzt in einem neuen Körper gelandet zu sein. Lange steht in TELL-TALE im Vordergrund, dass das Herz Rache für die besondere Grausamkeit des Mordes sucht, aber nach und nach reicht das nicht mehr. Sein neuer Besitzer findet raus, dass er unfreiwilliger Kunde eines Organhandel-Rings wurde, der gezielt nach todkranken Spendern sucht und an ihnen dann den Lauf der Dinge beschleunigt. TELL-TALE erzählt somit auch eine Geschichte über utilitaristisches Töten: Immer wieder hört man die Rechtfertigung, der ursprüngliche Besitzer wäre ohnehin quasi schon tot gewesen, und man habe mit diesem Mord ein Leben gerettet. Cuestas Film stellt unverhohlen die Frage nach der Moralität dieses Menschenleben-Aufwiegens, ohne aber den Fehler zu begehen und den zynischen Zugang von vornherein zu verdammen. Letztlich führt er seinen Protagonisten sogar in einer sehr gefühlvoll gesetzten Schlusspointe im Kreis auf seine eigene Motivation zurück, und entlässt den Zuschauer in die Credits. Wenigstens das ist ziemlich großartig. Der Rest des Films ist zwar wohl nichts, was ich noch 12-14 Mal sehen werde, aber den nachmittäglichem Gurkenslot wird er sicher nicht gerecht.
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CABIN FEVER 2: SPRING FEVER (Ti West, USA 2009)
Teil eins habe ich in ganz guter Erinnerung, trotz der allgemeinen Abneigung, die dem Film wohl entgegengebracht wird. Teil zwei reiht sich da, wenigstens nach meiner Erinnerung, recht nahtlos ein. Natürlich ist das albern, natürlich ist vieles daran ein bißchen aufdringlich Meta. Aber im Gegensatz zu anderen Vertretern des schlimmsten aller Genres, der Splatterkomödie, gelingt es Ti West, seine eklige Matschgeschichte so charmant zu erzählen, dass selbst die allergröbsten Albernheiten nicht hemmungslose Fremdscham auslösen müssen. Das allein muss ich ihm schon hoch anrechnen. Dabei ist es gar nicht so wichtig, dass ich das abjekte Gepansche stets nur mittelmäßig lustig fand. Beeindruckend fand ich vielmehr, wie oft es West gelang, neben ihrer Gimmickhaftigkeit auch tatsächlich das identitätsbedrohende Potential der Krankheit ins Bild zu rücken. Teil eins hatte eine Sequenz, in der ein Mädchen in Tränen aufgelöst ihren eigenen Verfall beobachten muss, ein Mädchen, das sich davor noch so viel auf ihr Äußeres eingebildet hat. Damals war es Eli Roth, der treffend schildern konnte, dass die Angst um das Leben nur eine von vielen ist. West macht, im wohl stärksten Moment des Films, das Gleiche, als er ein schwangeres Highschoolmädchen zeigt, das aus allen Poren blutend in der Schultoilette kauert und langsam realisiert, dass irgendwo in dem ganzen Blut wohl auch die Reste ihres ungeborenen Kindes liegen müssen.
CABIN FEVER 2 ist natürlich weitgehend regressiver Quatsch, aber als solcher dann doch auch erfrischend ehrlich. Eben weil er sein ursprüngliches Genre, den Horrorfilm, nicht beständig mit irgendwelchen Zoten verrät, sondern das Gespür dafür wahrt, dass die Horrorkomödie ursprünglich aus dem comic relief entstanden sein muss. Das Ergebnis ist sicherlich kein großartiger Film, aber doch eindrucksvoll - und zwar immer dann, wenn West seinem Publikum mit der nächsten Slapstick-Nummer wieder ein bißchen Eskapismus gewährt.
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CARRIERS (Alex & David Pastor, USA 2009)
Vorweg: Das ist der bestimmt beste Eröffnungsfilm, den ich selbst im siebten Dauerkartenjahr gesehen habe. Ein kurzer Blick in die Historie ergänzt: wohl der beste Eröffnungsfilm seit SCREAM 1997. Danach: Mir sind die vielen negativen Stimmen recht unbegreiflich. Seit ein paar Jahren geht das FFF doch schon den Weg, etwas weniger spaßigen Quark zu programmieren und dem ruhigeren Kino am Außenrand der Genres mehr Platz einzuräumen. Und CARRIERS ist wirklich kaum noch ein Genre-Film. Klar, Seuche, Postapokalypse, ein paar Motive sind schon da. Aber die Pastor-Brüder interessieren sich doch kaum dafür, eine spannende Geschichte zu erzählen, sondern machen nur wenig Hehl um die Parabelhaftigkeit ihres Plots. Ein Beispiel, eine der letzten Einstellungen, eine Rückblende in die Kinderzeit: Zwei Jungs, auf der Veranda irgendeines Strandhauses, daran weht, leicht zerknüllt, eine amerikanische Fahne. Der eine der beiden Jungs streckt sich, will diese Fahne berühren, kommt gerade so nicht dran, gibt auf. CARRIERS legt viel Wert darauf, ein Amerika zu zeichnen, in dem letztlich das Sicherheitsbedürfnis jedes Einzelnen jede Menschlichkeit überschatten muss. Es geht CARRIERS auch nie um einen rationalen Umgang mit der Situation, um den Versuch, einen richtigen Weg durch dieses Amerika an den einst paradiesischen Strand zu finden. (Der Strand ist hier übrigens toll als Frontier-Topos gesetzt, in einem eigentlich erschlossenen Amerika, wo eben die Katastrophe, die ja auch eine menschliche Katastrophe ist, noch nicht angekommen ist.) Einmal finden die vier Reisenden einen Menschen, aufgeknüpft an einem Strommast, mit einem Schild um den Hals: "The Chinks brought it!", die behauptete asiatische Abstammung höchstens marginal zu erkennen. Später dann, ein Hotel und Golfclub, in dem sich eine Gruppe von Männern verbarrikadiert hat, die längst eine souveräne Gesellschaft gebildet haben, die am Außen und seinen Menschen nicht mehr interessiert ist. In CARRIERS prallen auch die Positionen der zwei reisenden Brüder aufeinander, von denen der eine zwar erst lange das zynische Gruppenarschloch sein darf, ehe er dann plötzlich die Hintergründe für seinen Zynismus offenbart. Er ist schließlich auch der einzige, der sein Sicherheitsbedürfnis aufgeben kann und die Prämisse des Überlebens um jeden Preis verwirft.
Dass CARRIERS nur an der Oberfläche eine postapokalyptische Geschichte erzählt, ist offensichtlich. Woanders wurde dem Film vorgeworfen, dass er keine vereinsamten Städte zeigt, sondern nur Wüstenlandschaften, die wohl auch schon vor der Seuche entsprechend menschenleer waren. Das mag zwar einerseits ökonomischen Randbedingungen geschuldet sein, andererseits verzichtet CARRIERS aber auch sehr explizit darauf, die Katastrophe einzuführen. Zu Beginn sehen wir die vier Twens fröhlich im Auto sitzen, Surfbretter auf dem Dach, eine Fahrt in den Urlaub eben. Das Amerika von CARRIERS ist immer auch das Amerika von heute, oder eben wenigstens Teile davon. Dabei schürt der Film weniger die Panik vor einer globalen Pandemie, sondern behauptet vielmehr, dass ihre Auswirkungen ohnehin längst eingetreten sind. Die Parallele, die Stefan bei Telepolis zu Cormac McCarthys "The Road" zieht, liegt nahe, wenn auch aus einem ganz anderen Grund als dem angegebenen: CARRIERS zeigt ein Amerika, das physisch vollkommen intakt ist, lediglich vordergründig seiner Bevölkerung, hintergründig seiner Menschlichkeit beraubt ist. Die Ästhetik von THE ROAD dagegen zielt darauf, die Zerstörung des Staates auch äußerlich kenntlich zu machen - mit zerstörten Gebäuden, verdorrten Wäldern und aschebedeckten Ebenen. Gemein haben beide Geschichten aber eine Erkenntnis: Mit der Katastrophe ist immer auch der Verlust der Heimat verbunden, die Reise wird zur unausweichlichen Folge. Sicherheit, das weiß auch der Vater in THE ROAD, gibt es nur unterwegs. Wenn die CARRIERS-Gruppe ihre infizierten Mitglieder verstoßen muss, dann bleiben diese immer zurück, bleiben stehen oder eben liegen, während die Gesunden weiterziehen.
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FFF'09: FRIDAY THE 13TH (Marcus Nispel, USA 2009)
Tja. Ich glaube, ich kann mit Slasher-Filmen einfach nichts mehr anfangen. Da sitzt kein Schock mehr, für die ganzen creative killing-Späße hab ich nicht mehr viel übrig, und damit ich diese Killer-Ikonen noch besonders furchteinflßend finden könnte, müsste mich wohl mal wieder einer von ihnen etwas überraschen. Dem HALLOWEEN-Remake ist all das gelungen, und folglich habe ich auch von diesem FRIDAY-Remake ähnliches erwartet. Fairerweise muss man wohl auch noch zugeben, dass die FREITAG-Reihe schon immer deutlich mehr dem camp (wie passend) verpflichtet war als das Carpenter-Original. Folglich feiert Nispel auch in diese Richtung, und eigentlich kann ich ihm daraus auch keinen objektivierbaren Vorwurf machen. Immerhin, wie mein Mitgucker Oli recht begeistert feststellte, liefert Nispels Film all das, was man als unbeleckter Serien-Neuling von dem Film erwarten kann - und das sogar deutlich besser als es die Vorgänger bei nüchterner Betrachtung konnten. Selbst der anfängliche Schnelldurchlauf durch Teil eins und zwei der Reihe entbehrt nicht eines gewissen effizienten Charmes, und das zotige Figurenarsenal dekliniert das Genre schon ziemlich umfassend durch. (Warum aber jeder Slasher zwei lustige Kiffer, meistens auch noch Angehörige zweier verschiedener ethnischer Minderheiten, aufbieten muss, ist mir schleierhaft.) Nispel gelingt sogar das Kunststück, die zynischen kreativen Tötungsmethoden von ihrem reinen Witzgimmick-Status zu emanzipieren und - ich denke da vor allem an die Szene mit dem Schraubenzieher - tatsächlich wieder böse und grausam erscheinen zu lassen.
Einmal dachte ich kurz, dass mich FRIDAY 2009 erwischt hätte: Da entdecken wir, dass die seit sechs Wochen vermisste (und in der Pre-Credit-Sequenz mit Jason zusammengerumpelte) Whitney immer noch in dessen Keller sitzt, weil der arme Junge sie eben auch ein bißchen für seine Mutter hält, und schon habe ich Zombies HALLOWEEN vor Augen, der aus der realen Verwandschaft von Opfer und Täter so schön Mehrwert schöpfen konnte. Hier wäre es die behauptete Verwandschaft - und wie viel Analogien tatsächlich zu finden sein könnten -. auf die ich hoffte. Doch Nispel interessiert sich bei seinem Stoff nicht so sehr für die Subtexte, sondern drehte mit lieber ein Stück Retro-Kino samt rotstichigem 70er-Farbfilter, das nicht nur dessen Ästhetik sondern auch seine promiskuitive Naivität atmen will.
Ich kann nicht einmal sagen, dass ihm das nicht gelungen ist. Nur sind wir wieder bei meinem eingangs erwähnten Problem: Ich bin schon kein Verehrer der Originalfilme, eben weil ich diese Naivität zwar für eine Diskussion spannend, zum Anschauen aber dann doch regelmäßig überraschend langweilig finde. Und FRIDAY THE 13TH (2009) ist da einfach keine Ausnahme.
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FFF'09: DISTRICT 9 (Neil Blomkamp, USA/Neuseeland 2009)
So, das Ding wird also bis sonstwo gelobt, oder erntet wenigstens den entsprechenden finanziellen Erfolg. Und, ja, das liegt schon auch irgendwie nahe... Eigentlich ist DISTRICT 9 auch einer dieser Filme, die erstmal in der imdb mit einem Wertungsdurchschnitt jenseits der 14 in die Top-Ten des Filmhimmels hochschnellen, ehe sich Ernüchterung breit macht. Das ist schon alles sehr flashy, was uns Blomkamp da präsentiert - kein Wunder, hat der Mann doch bereits "Science-Fiction-Erfahrung" mit dem TV-Spot zu HALO 3 gesammelt, wie das FFF-Programmheft stolz verkündet. Und genau, an den Effekten - also wohl das, was hier mit der Essenz von Science Fiction verwechselt wird - gibt es gar nichts auszusetzen. Und nicht nur die Viecher und Raumschiffe und Explosionen sind flashy, auch der mit zwölf bis achtzehn Holzhammern eingeprügelte (gar-nicht-so-)Sub-Text sticht ins Auge... Immerhin gehts hier um Rassismus, und Toleranz, und soziale Integration und all das, und dann kreischt auch noch der bissig-schwarzhumorige Tenor einer Pseudo-Doku entgegen, samt schrullig-witzigem Holländer-Bürokraten. Das sind schon eine ganze Menge Zutaten, die als crowd pleaser herhalten können, und da ist ja auch gar nichts sehr Verwerfliches daran.
Blöd ist dabei nur, dass in DISTRICT 9 alles nur Fassade ist: Die Effekte kaschieren mühsam eine ziemlich konfuse und verlaberte Erzählung. Die Mockumentary-Ästhetik hat Blomkamp etwa zur Filmhalbzeit ohnehin fast vergessen und liefert danach lediglich noch ein paar eingeblendete Nachrichten-Laufbänder und Interview-Schnippsel als Alibi. Überhaupt, das Atemlose, was DISTRICT 9 zu Beginn noch - wenn auch etwas verwirrend - antreibt, weicht einem etwas trägen Kintopp, das ständig bemüht scheint, sich selbst zu überbieten, ohne aber wirklich die eine zündende Idee dafür zu haben. Oder vielmehr: Ohne sich für die eine zündende Idee entscheiden zu können. Da spielt dann auch der Rassismus-"Sub"text hinein. Einerseits ist Blomkamps Film so schmerzhaft klar und unzweideutig, dass man sich ob des geringen Zutrauens, dass der Regisseur in die kognitiven und interpretativen Fähigkeiten seines Publikums hegt, ein wenig beleidigt fühlen könnte. Andererseits hackt DISTRICT 9 so unverblümt auf den nigerianischen - eine Nationalität, die bestimmt 30 Mal betont wird - Slum-Gangs herum, dass es schon einen sehr schalen Beigeschmack hinterlässt. Diese Nigerianer sind nämlich unzweifelhaft die am wenigsten menschlichen in dem recht zynischen Szenario, selbst der multinationale Waffenkonzern, der gern ein bißchen an unschuldigen Aliens herumschnippelt, kommt besser weg. Sie morden und betrügen und nutzen die Armut der Alien-Asylanten schamlos für ihren eigenen Profit aus, sind dabei auch noch himmelschreiend dumm und barbarisch (kaufen lastwagenweise Waffen, die sie überhaupt nicht benutzen können, aber Hauptsache Waffen), und machen sich in skurril-heidnischen Ritualen sogar kannibalistisch über das Fleisch von Mensch und Alien her. Es ist fast ein wenig so, als wollte Blomkamp zwar etwas von Toleranz und Gleichberechtigung erzählen, dabei aber schon mal relativierend einschränken, dass man das auch nicht vollkommen bedingungslos übertreiben müsse.
Das ist nur ein Punkt von vielen, an denen DISTRICT 9 mindestens befremdet. Auch die Figurenkonstellation wäre eigentlich interessant - der nerdige Fascho-Bürokrat, der körperlich zum Außerirdischen und geistig zum Revoluzzer und Ethikmenschen mutiert, hat im kompromisslosen Söldnerkapitän eigentlich genau den Gegenpart, der in einem herkömmlichen Alien-Invasion-Film zum Schluss die Erde retten würde. Unser lustiger Dutch-Southafrican aber hilft dem netten und ein bißchen kuhäugigen Alien Christopher Johnson samt dessen Sohn zur Flucht, auf dass dieser Hilfe von daheim holen kann. Selbst der Showdown zwischen Bürokrat und Söldner ist inszeniert wie der Final Fight im zünftigen Sci-Fi-Actioner, der unerschütterliche Held gegen eine hoffnungslos überlegene Technologie/Kreatur, nur dass es hier der unsympathische Protagonist des Films ist, der im Alien-Kampfanzug gegen den Haudrauf antritt.
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Es wird Zeit, ein Ende zu finden. DISTRICT 9 macht es einem sehr leicht, schnell Spaß zu haben, auch wenn ich persönlich glaube, dass 20 Minuten weniger keineswegs geschadet hätten. Daran ist jedenfalls nichts auszusetzen. Ärgerlicher ist, dass DISTRICT 9 beinahe dreist damit hausieren geht, wie clever und originell er doch eigentlich sei, obwohl er tatsächlich kaum mehr als inkonsequentes Stückwerk zu bieten hat. Das würde mich jetzt ja auch nicht stören, wenn sich über diese Erkenntnis wenigstens ein einigermaßener Konsens durchsetzen könnte. So provoziert der Film allerdings eher meinen Trotz. DISTRICT 9 ist einer dieser Filme, der viel zu schnell auf irgendwelchen Lieblingsfilmlisten mit dem Vermerk "intelligenter Blockbuster mit sozialem Anspruch" landet, meist darauf platziert von Leuten, die einfach noch viel zu wenig gesehen haben, was sie aber in grandioser Fehl-Selbsteinschätzung ignorieren und trotzdem entsprechen objektivierend urteilen. Da muss ich alter Hater einfach vehement widersprechen und DISTRICT 9 aktiv nicht mögen. Tut mir leid.

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F.LM-Podcast
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FFF 08: Outlander (dieses Mal in München)
Freunde von mir wollten das fröhliche Wikinger-Gekloppe auch sehen, und ich habe mich kurzentschlossen drangehängt.
Es ist jetzt nicht so, dass eine Zweitsichtung (so kurz nach der Erst-) nennenswert neue Erkenntnisse zu Tage fördert. Aber: Die beim ersten Mal noch stark wahrgenommenen Schwächen und Übertreibungen in Pathos und Dramaturgie waren wie weggeblasen, und mir erschien OUTLANDER jetzt wie ein richtig gut getimetes Action-Märchen. Darüberhinaus muss ich dem Film einfach mal verdammt hoch anrechnen, mit welchem Ernst diese sichtlich fette Produktion daherkommt. Man stelle sich den Drehbuch-Pitch bildlich vor: "Ey, ich hab da voll die gute Geschichte: Ein Weltraumsoldat landet auf der Erde, in Norwegen zu Wikinger-Zeiten, und mit ihm ein bösartiges Alien-Monster. Also jagt er es gemeinsam mit einem Wikingerstamm. Um das zu verwirklichen brauche ich 100 Mio. Dollar." Und er hat sie bekommen. Zu recht, wie ich finde.
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47 Filme im August 2008
So, eine neue Kategorie für dieses Blog wird hiermit eröffnet: Listen- und Datenbankfetischismus

Keine Sorge, hier wirds keine Bestenlisten geben, sowas liegt und gefällt mir nicht.

Den Anfang macht eine Liste aller im August gesehenen Filme. Das Zeichen (+ / 0 / -) dahinter ist eine Minimalwertung meinerseits, wobei hier aber auch eher die Sichtung als der Film gemeint ist. Wenn ich die Sichtung auch rückblickend lohnend fand, dann steht da ein +, eine 0 entspricht einem unentschlossenen "Egal", und das - zeugt von einer Enttäuschung.

True Crime +
The Defender +
Juno +
Lolita +
Wild Hogs 0
Mad Max 2 +
The Mist +
Der Partyschreck +
Die schrillen Vier auf Achse +
Cloverfield +
Hot Fuzz +
Eden Lake 0
The Art of Negative Thinking +
Blind +
Outlander +
Midnight Meat Train +
100 Feet +
Jack Brooks: Monster Slayer 0
Martyrs 0
My Name is Bruce 0
Shiver -
The Strangers +
JCVD +
Summer Scars 0
Dance of the Dead 0
Let the Right One In +
Downloading Nancy +
Ca$h +
Mad Detective +
Shuttle -
Mirrors 0
Crossfire +
L Change the World 0
Just Another Love Story 0
Awake -
The Rage 0
Acolytes +
The Substitute +
Transsiberian 0
The Chaser +
School of Rock +
Stone Cold +
Tenacious D in: The Pick of Destiny +
Superbad +
Beerfest 0
Semi-Pro 0
Serenity +
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Serenity (Joss Whedon, USA 2005)
Der zweite Film des Tages, der sein Genre, ohne die Zugehörigkeit zu diesem jemals in Frage zu stellen, biegt und verdreht. Whedons SERENITY befindet sich in einem Science Fiction-Setting, und arbeitet auch mit einem STAR TREK-bekannten Figurenarsenal, ist dabei aber gleichzeitig eine Karikatur dieser Topoi. Der allgegenwärtige trockene Humor des Captains lässt diesen als Über-Kirk erscheinen, und Ausstattung wie Darstellerriege erinnern stets an eine Soap: Zu scharf ausgeleuchtet, zu schön, zu steril, dabei aber trotzdem stets schmutzig und direkt an der "new frontier" - eine Western-Analogie, um die ja auch schon STAR TREK keinen Hehl gemacht hat. Auffällig auch, dass SERENITY auf außerirdische Rassen komplett verzichtet, sondern eine rein menschliche Expansion zeichnet. Allerdings, etwas lückenhaft bleibt der Film immer. Ich muss endlich mal FIREFLY - die Serie - nachholen. So hängt das Ganze etwas in der Luft.
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Semi-Pro (Kent Alterman, USA 2008)
Seltsam, wie man hier zwei Filme zu Gesicht bekommt. Da ist zum einen das beinahe tragikomische Grimassenschneiden eines Will Ferrell, während gegenüber - unter der Hauptrolle von Woody Harrelson - ein waschechter Underdog-Sportfilm steht. Der surreale Kontrast dieser beiden Elemente ist es wohl auch, der mir im Gedächtnis bleiben wird. Während nämlich der Plot um die Basketball-Außenseiter immer überraschend Pathos-frei bleibt, scheint sich die ganze Emotionalität in Ferrells Charakter zu externalisieren. Ebenso, wie er für das Team die verschiedensten Funktionen (Manager, Trainer, Spieler, Stadionsprecher, ...) erfüllt, ist sein Charakter auch strukturell gleichzeitig Herz UND comic relief des Films. Wenn er die Affären seiner üppig bestückte Frau mal wieder nur großmütig belächelt und nicht so recht wahrhaben will, dann ist das nicht nur skurrile Naivität, die auf einen schnellen Lacher abzielt, sondern auch die aufopferungsvolle Tragik einer Gestalt, die sich für die Verwirklichung ihres Traumes jeglicher Privatheit entledigt hat. Sein Ringkampf gegen den Bären zum Ende des Films manifestiert diesen inneren Konflikt dann erst physisch.
Will Ferrells Figur ist aber nicht das Einzige, was SEMI-PRO seltsam unentschlossen (auf angenehme Art) wirken lässt. So verortet sich der Plot ja in den 70ern, latent in Ausstattung, Kostümen und Frisuren ersichtlich, vor allem aber historisch durch die Liga-Verschmelzung belegt. Gleichzeitig aber spielt der Film fast ausschließlich on neutral ground, in zeitlosen Innenräumen, verzichtet auf allzu deutliche Anachronismen. Die weniger deutlichen - Ferrells Afro, Harrelsons Matte - sind somit eher Skurrilitäten und Marotten der Charaktere. SEMI-PRO umschifft damit gleichzeitig die Gefahr, den Zeitgeist zum Gag-Stichwort zu degradieren. Das Ergebnis ist ein aus der Zeit gefallenes period piece von einem Film, und eine höchst ungewöhnliche Komödie.
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Beerfest (Jay Chandrasekar, USA 2006)
Die Erwartungen an dieses Ding mussten ja unterirdisch sein, und die positive Überraschung war folgerichtig vorprogrammiert. Nicht, dass BEERFEST großes Kino wäre, und auch Gespür für Feinsinn geht dieser Klamotte durchaus ab. Von der grandiosen Lakonie, mit der hier ganz nebenbei Frösche masturbiert werden, mal abgesehen, ist vor allem sehenswert, mit welcher Penetranz hier ein Klischee-Deutscher konstruiert wird. Sowas gabs zuletzt mit den lustigen Kaltkriegs-Russen vor 25 Jahren. Ebenfalls bemerkenswert, wie ehrlich und unbekümmert der Film die Sauf-Exzesse seiner Protagonisten instrumentalisiert, und sich dabei in deliröse Plotstrukturen begibt: So ist der tragische Tod eines Mittrinkers ganz offen nie mehr als Stichwort für ein paar makabre Kalauer. Anstatt im weiteren Verlauf auf diesen Charakter zu verzichten, taucht kurzerhand dessen Zwillingsbruder auf, der obendrein freimütig erwähnt, dass er sogar bitte genauso wie sein Bruder genannt werden möchte. Der Sportfilm-Struktur des Films tun diese Spielereien keinen Abbruch, karikieren diese sogar angenehm subtil (im Gegensatz zur Tatsache, dass der Saufwettstreit die Disziplin der Wahl ist). Über weite Strecken bleibt BEERFEST die grenzdebile Nummernrevue, als die es sich präsentiert. Überraschend spaßig ist die Chose dennoch.
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Superbad (Gregg Mottola, USA 2007)
Komödienfest bei Funkhundds, und auch zu SUPERBAD musste ich wohl ein bißchen überredet werden - vor allem, weil dieser Apatow-Vorzeige-Film KNOCKED UP bei mir (auf deutsch) so gar nicht gut gelitten war. Immerhin, SUPERBAD - auch wenn von Apatow nur produziert - lässt mich schon eher erahnen, what the fuss is all about. So ist der Film nämlich - bei all dem pubertären Blödfug, den der Trailer vermuten lässt - tatsächlich überraschend pointiert, und zeugt vor allem von einem ordentlichen Gespür für die ernsteren Elemente seines Plots. Der setzt sich zwar zusammen aus den in DAZED & CONFUSED etablierten Ereignissen dieser einen exemplarischen Erwachsenwerd-Nacht, ist dabei aber schlau genug, nicht nur blindwütig mit Kalauern um sich zu schmeißen, um das Ganze leichter verdaulich zu machen. Während Linklater seine Protagonisten dabei stets sehr ratlos nach vorne blicken lässt, sind die Jungs in SUPERBAD viel mehr damit beschäftigt, vermeintlich versäumtes krampfhaft nachzuholen. Die Katharsis, die Mottola ihnen bietet, ist dabei keineswegs der Erfolg, sondern die Erkenntnis, dass ihre Rückständigkeit eben ein Trugschluss ist. Und - entschuldigung, wenn ich schon wieder darauf herumreite - auch Mottola ist klug genug, den Protagonisten mit den (unglaublich komischen) Polizisten zwei Figuren gegenüberzustellen, die genau das beweisen. Ihr zeitweiliger Regress ist es ja, der die Behauptung von der Existenz solcher Schwellennächte, solcher Schlüsselzeitpunkte als Absurdität entlarvt.
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Tenacious D in: The Pick of Destiny (Liam Lynch, USA 2007)
Der Plot liegt natürlich ganz in der Nähe von SCHOOL OF ROCK, und dass dann auch noch JB da mittendurch turnt, macht das nicht weniger augenfällig. Obendrein noch beinahe im Double Feature gesehen...
Wirklich gefallen tut mir die ganz persönliche Vorstellung, dass TENACIOUS D das ist, was sich vor Jack Blacks Aufwachszenen in SCHOOL OF ROCK in seinen Träumen abspielt. Das ist natürlich nichts, was ich im Film belegen wollen würde, zumal dieser ja auch eigene Traumsequenzen beinhaltet. Trotzdem, so erscheint mir die Verknüpfung der beiden sehr sinnig: Während SoR das kindliche Gemüt Jack Blacks in der Realität verankert und eine Entwicklungsgeschichte darum strickt, bebildert PoD den Regress, der mit dem zelebrierten Über-Fandom untrennbar verknüpft scheint. Ob mir PoD für sich genommen und in größerer Distanz zu SoR ähnlichen Spaß gemacht hätte, weiß ich nicht. Zu oft nervt mich das infantil-regressive Element, das eben nicht in einer fein kontrastierten Entwicklung kulminieren darf, sondern lediglich einem plotimmanenten Pathos - und damit durchaus auch angemessen Rock-Kitsch bebildernd - folgt. Charmant ist vor allem, wie unverkrampft TENACIOUS D sich präsentiert. Das ergibt für mich aber eher ein guilty pleasure.
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Stone Cold (Craig R. Baxley, USA 1991)
Bemerkenswert: Ein Hauptdarsteller, dessen Kopf tatsächlich schmaler (schmäler?) ist als sein Nacken.
Abgesehen von dieser Tatsache und den grandiosen Outfits eben jenes Brian Bosworth ist nur recht wenig hängengeblieben, was wohl auch daran liegt, dass wir den Film ein wenig nebenbei gesehen haben. Super fand ich dabei, wie ernst sich diese überraschend dicke Produktion trotz all des camps noch genommen hat. Solche Filme werden heute nicht mehr gebaut.
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School of Rock (Richard Linklater, USA 2003)
Einer der wenigen Linklater-Filme, die ich noch nicht kannte (angeführt wird die Liste allerdings von SUBURBIA, der bittebittebitte endlich mal irgendwo auf DVD erscheinen möge). Sehr fein - das bringt Oli auf den Punkt - ist der Umgang mit der Musikmythologie. Noch spannender aber finde ich, wie Linklater sein beliebtes Slacker-Motiv hier umdeutet: Wieder sind es zwei Protagonisten, die etwas ratlos an diesem Lebenszeitpunkt (oder auch -raum) irgendwo zwischen Schulabschluss und echtem Erwachsensein stehen, der keineswegs in Jahren festzulegen ist - das findet sich sogar in seinem A SCANNER DARKLY. Anstatt aber wie in seinen anderen Filmen ihre Ziellosigkeit in Dialogen (und Monologen) zu diskutieren, zeichnet Linklater hier vor allem durch die Kontrastierung zwischen - lustiger Zufall - Jack Black und Mike White. Der Eine, der sein Kind-Sein noch umarmt, verantwortungslos in den Tag hineinlebt (und eben vom Rockstardasein träumt), steht hier im Konflikt zum Anderen, der sich vor seiner eigenen Ziellosigkeit in die Beziehung zu einer matronenhaften Sarah Silverman flüchtet. Am Ende des Films steht eine (Wieder-)Annäherung der beiden, durch Regress und Entwicklung gleichzeitig. Und auch die vermeintlich Erwachsenen des Films - die Schuldirektorin und die Eltern der Schulkinder - erleben einen kleinen Regress zur Unbeschwertheit. Gleichzeitig machen die Kinder natürlich den entsprechenden Schritt nach vorne, emanzipieren sich ein Stück weit von den sie umgebenden Authoritäten. Erwachsensein ist für Linklater immer auch ein wenig das bewusste Kind-Sein, die beiden BEFORE SUN...-Filme machen das besonders deutlich. SCHOOL OF ROCK gliedert sich hier nahtlos ein - wobei ihm seine Gefälligkeit und Spaßigkeit keineswegs ein Bein stellt (wie zB beim ähnlich gelagerten SON OF RAMBOW sehr viel eher der Fall).
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FFF 08: The Chaser
Das war er nun, der "knüppelbrutale Ausflug in ein Haus am Ende der Straße", Abschlussfilm des diesjährigen Fantasy Film Fests. Um es kurz zu machen: Ich ärgere mich über den verpassten BROKEN.
CHASER ist einer dieser asiatischen Genrehybriden, deren comic relief-Szenen mich stets eher etwas verunsichern. Dieses subtile Auslachen seiner eigentlich positiv gezeichneten Protagonisten, die aber dann trotzdem noch einen lustigen Sidekick mitbringen, lässt mich immer etwas ratlos zurück.
Immerhin, der Fokus bei CHASER liegt auf etwas Anderem: So nimmt sich der Film buchstäblich alle Zeit der Welt, beim Publikum eine empathische Bindung zu seinem Opfer aufzubauen - der Trick mit dem süßen Töchterlein ist dabei schon etwas billig. Auch die Abscheu vor dem Mörder - wieder, gleichzeitig irgendwie eine abstoßende, eine tragische UND eine lustige Figur - steigert sich von Szene zu Szene. Dass sein absolut arbiträr-zufälliges Handeln ihn - ähnlich wie die gesichtslosen Gegner in STRANGERS - besonders undurchschaubar und bedrohlich charakterisiert, ist wohl einer der effektivsten Drehbuchideen des Films. Alles baut sich auf für eine pathetische Rachegeschichte, samt kathartischer Auflösung - und genau die verweigert THE CHASER seinem Publikum in letzter Konsequenz. Auf diesen Clou steuert der Film 130 Minuten lang zu, und - mit ein wenig Distanz zum Film - sitzt das auch als gelungene Reflexion über die Selbstgerechtigkeit vergleichbarer Plots. Aber dieser "Zweck" wird eben erst in den letzten Filmminuten offenbar, davor gestaltet sich der CHASER als ziellose Aneinanderreihung retardierender Nebenstränge. Und so gewaltig ist der Knalleffekt jetzt auch nicht, dass ich dafür alles verzeihen würde...
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FFF 08: Transsiberian
Es will mir kein Einstieg in den Blogeintrag gelingen, ebenso wie mir der Film selbst weitgehend verschlossen blieb. Ich mag Emily Mortimers unterkühlt-vertraute Ausstrahlung, ich bin ein großer Fan des lakonischen Humors von Ben Kingsley, und Woody Harrelson ist als etwas nerdiges Heimchen ganz großartig. Aber TRANSSIBERIAN ist kein Erzählkino mehr, eher einer dieser Reisefilme, in denen sich vor allem nostalgische Erinnerungen seines Autors finden. Dementsprechend wenig subtil sonnt sich der Film auch in seinem Setting, an Bord der transsibirischen Eisenbahn irgendwo zwischen der Mongolei und Moskau. Das ist nicht einmal etwas, das mir generell widerstrebt, im Gegenteil. Wirklich schlecht steht TRANSSIBERIAN eben auch nur sein Ausflug ins Genre zu Gesicht, der obendrein den Film weit über das nötige Maß in die Länge zieht und ein wenig wie ein Zugeständnis an die Geldgeber wirkt, nicht wie der Film, den Anderson eigentlich drehen wollte. So ergibt sich ein etwas geschmäcklerischer Kontrast aus nostalgischer Verklärung und unreflektierten Ressentiments.
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FFF 08: The Substitute
Der bessere Bornedal, in meinen Augen. SUBSTITUTE gelingt nämlich genau die Genre-Chimäre, um die sich JUST ANOTHER LOVE STORY etwas verkrampft bemüht hat. Dem Film gelingt das, was dem euphemistisch als "Familienkino" betitelten Genre irgendwann weitgehend abhanden gekommen ist: Er ist gleichzeitig ein gutherziger Film über und für Kinder, während er aber auch genuine creepy genug bleibt, um sowohl die erwachsene Begleitung ordentlich zu involvieren, als auch die Kleinen direkt mit einer erwachsenen Ästhetik zu konfrontieren. Außerdem - und das muss man Bornedal noch höher anrechnen - schafft er es, dass sich bei seinem Cast aus ca. 20 zehnjährigen kein einziges altkluges Arschlochkind befindet. In Zeiten von Dakota Fanning ist das schon eine Leistung.
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FFF 08: Acolytes
Stefan sprach es schon an: Acolytes bedient sich auf gewisser Ebene des Motivs, einen Serienmörder für eine positive Tat einzuspannen. Nun, er ist der Fachmann, aber ganz so hab ich das in ACOLYTES nicht gesehen. Immerhin ist der Serienmörder hier kein DEXTER, der die Gesellschaft von ihren schlimmsten Vertretern befreit, sondern soll - im erpressten Dienste dreier Jugendlicher - vor allem deren, meinetwegen gerechtfertigte, Rache befriedigen. Sehr viel spannender fand ich, wie hier - der Titel deutet es schon an - eine Genese eines Serienmörders formuliert wird, sehr subtil und zwischen den Zeilen, und überhaupt erst im (ausnahmsweise mal großartigen) Plottwist manifest. Das Ganze bettet sich auf einen wunderbaren Soundtrack und noch tollere Bilder - übersteuerte Farben und überscharf gefilterte Konturen bilden einen beeindruckenden Kontrast zu den langen statischen Einstellungen, die aus der Diskrepanz zwischen sehr hellen und sehr dunklen Farben ihre meiste Spannung beziehen. Ganz große Empfehlung, das, und auch wenn mich der Film zur Tatzeit - letzter Festivaltag, unausgeschlafener erster Programmplatz - noch nicht vollständig packen konnte, brenne ich doch jetzt schon auf ein Wiedersehen.
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FFF 08: The Rage
Nach etwa der halben Laufzeit habe ich beschlossen, mich gemütlich zurückzulegen und ein wenig zu schlafen. An der zufriedenstellenden Ausführung dieses Vorhabens hinderte mich zwar die penetrante Lautstärke ein wenig, aber so habe ich immerhin nicht verpasst, wie Andrew Divoff noch ein wenig rumgesponnen hat. Der Grund war übrigens nicht einmal, dass mich RAGE so sehr genervt oder gelangweilt hat, sondern dass ich eben ziemlich schnell das sichere Gefühl hatte, den Film jetzt eigentlich auch schon zu kennen, dass jetzt nur noch Variationen des bereits gezeigten folgen würden. Ob ich damit Recht habe, weiß ich natürlich nicht. Mein Eindruck jedenfalls ist folgender: RAGE will vor allem zeigen, und zwar matschige Spezialeffekte. Im Ergebnis ist das hanebüchen, und auf eine eigentlich zu ernsthaft-liebevolle Art auch trashig. Erinnert hat mich das an die (ernsteren) Filme von Troma. Humor ist in RAGE nicht im Film selbst angelegt, sondern einzig in der Rezeption verhaftet, und das macht ihn auch in gewisser Weise recht charmant. Im Gegensatz zu den kalkulierten Trash-Kult-Mistviechern, die das FFF so gerne programmiert, erlaubt RAGE ausschließlich ein Lachen über, nie aber mit dem Film.

Das alles steht übrigens im krassen Gegensatz zum dreckigen Vorfilm IT CAME FROM THE WEST, der natürlich all das falsch macht, was ich gerade an RAGE positiv kommentiert habe. Ekelhaft.
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FFF 08: Awake
Auch einer dieser Gimmick-Filme, in denen ein Einfall oder eine inspirierende Zeitungsmeldung zum Vorwand genommen wird, einen 08/15-Plot drumherum zu stricken und einen Langfilm daraus zu machen. Das Phänomen der "anesthesia awareness", das hier so vollmundig als Dreh- und Angelpunkt des Films angekündigt wird, spielt eigentlich eine untergeordnete Rolle. AWAKE krankt vor allem daran, dass der Film sich eigentlich jeder Möglichkeit zum Suspense im Vorfeld beraubt. Genauer: Geht man von einer hitchcock'schen Definition des Begriffes aus, so bietet AWAKE sogar eine ziemliche Perversion dessen. Wir sehen den Protagonisten in einer Situation, die er als spannend empfindet, während das Publikum längst weiß, wie sich das jetzt weiterentwickeln wird. Das ist ein bißchen so, wie einen Film zum zweiten Mal anzuschauen und dabei festzustellen, dass er außer seinen Plot-Überraschungen nichts zu bieten hat. Skurril ist diese Seherfahrung durchaus.
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FFF 08: Just Another Love Story
Das ist mir zu berechnend: Anfang und Schluss dieses Films bietet alles, um die phrasenstrotzenden Filmkritiken zu füllen. Schöne Bilder, unkonventionelle Dramaturgie (Zwischentitel etc), Selbst- und Genrereflexion, Erzählerstimme, usw. Und irgendwie vergisst Bornedal all das ab 15 Minuten in den Film hinein. Im Ergebnis ist das dieser etwas krude Arthaus-Hybrid, der auf Filmfestivals eben hoch und runter läuft. Nicht, dass JALS nicht funktionabel und spannend wäre, aber er ist doch zumindest sehr unentschlossen, was er eigentlich erzählen will. Zu viele Details werden erst mühsam aufgebaut, um dann keinerlei ersichtliche Relevanz zum Plot zu entwickeln. Langweilig oder ärgerlich ist das keineswegs, ein wenig vor den Kopf gestoßen fühle ich mich aber dennoch.
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FFF 08: L Change the World
Ich kenne beide Vorgänger (DEATH NOTE) nicht, und es ist ja keineswegs so, dass ich auf jene jetzt nicht ein wenig Lust bekommen hätte. Wirklich gefallen hat mir L trotzdem nicht. Neben den unleugbaren Längen und der ästhetischen Biederkeit sonnt sich der Film vor allem in der Schrulligkeit seines Protagonisten, ohne dass das jetzt genug Mehrwert für einen ganzen Film wäre. Immerhin, die Idee, einen Internet-Nerd, der bereits ordentliche Haltungsschäden aufweist und sich ausschließlich von Süßigkeiten ernährt, zum Quasi-Superhelden zu stilisieren, ist schon sehr reizvoll.
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FFF 08: Crossfire
Vorweg: LES INSOUMIS, wie der Originaltitel lautet, ist so ein Paradebeispiel dafür, warum ich gegenüber französischen Krimis/Gangster-/Polizeifilmen so positiv voreingenommen bin. Höchst französisch ist es, ein urban-dystopisches Bedrohungsszenario (durch überbordende Kriminalität) eben aus der eigentlichen Umgebung entfernt und stattdessen in einen diffusen Vorort verlegt. CROSSFIRE spielt irgendwo in der Nähe von Marseille, in einer Stadt, die nicht wie eine aussieht: Sie scheint nur aus Industrie und Barracken zu bestehen, aus Baugruben und Containern. Die Polizei am Ort ist nicht einmal mehr korrupt, selbst dafür fehlt bereits der Elan, denn die örtliche Polizeistation - eine absurde Konstruktion aus Wellblech, Frachtcontainern und vermodertem Stein - soll in drei Monaten ebenfalls geschlossen werden um einem weiteren Industriegebäude zu weichen. CROSSFIRE zeichnet eine aufs wesentlichste radikalisierte Urbanität, die bezeichnenderweise auch noch den Schauplatz an die französische Mittelmeerküste verlegt und mit ihrem Nihilismus den zB in CA$H zelebrierten Topos von der ewig sonnigen Region widerlegt. Dass CROSSFIRE in einer viertelstündigen Hommage an Carpenters ASSAULT ON PRECINCT 13 mündet, ist nur logische Konsequenz.
Wenn heute nicht mehr viel passiert, dann taucht CROSSFIRE auf jeden Fall in meinen Top-3 des Festivals auf.
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