Das Schwein, das Caruso so liebt.
FFF'09: THE DISAPPEARED (Johnny Kevorkian, Großbritannien 2008)
Meine Mitstreiter ließen sich von DISAPPEARED so gar nicht einnehmen, mir selbst ging es da ein wenig anders: Sicherlich mangelt es ihm an einer originellen Idee und er beschränkt sich weitgehend darauf, die klassische asiatische Geistergeschichte im außerdem schrecklich abgenutzten Umfeld des britischen Sozialrealismus abzuspulen. Den kleinen Twist am Schluss riecht jeder, der die letzten zehn Jahre nicht komplett Horrorfilm-abstinent verbracht hat, mehrere Meilen gegen den Wind. Und dass THE DISAPPEARED im Finale dann leider doch mal kurz das vernachlässigt, was mich für den Film einnehmen konnte, muss ich ihm wohl auch negativ anrechnen. Dennoch, THE DISAPPEARED ist in meinen Augen bemerkenswert, denn er ist ein Horrorfilm ohne Effekte: Damit meine ich nicht nur die Spezialeffekte, auf die er (bis aufs dusselige Finale) konsequent verzichtet, sondern auch jegliche Effekte der Überraschung, jegliche standardisierte Affektproduktion, die für den abgebrühteren Zuschauer ja sowieso nur noch funktionieren könnte, wenn das Drumherum außergewöhnlich genug ist. Der besagte Twist am Schluss - wie auch ein anderes Beispiel für eine unzuverlässige Kamera früher im Film - wird eben nicht als großer Clou präsentiert, sondern ganz nebenbei aufgelöst, ohne dass THE DISAPPEARED diese angebliche Überraschung groß in den Vordergrund rücken müsste. Gleichzeitig bleibt THE DISAPPEARED dem Publikum sogar eine Erklärung darüber schuldig, was es mit dem Antagonisten des Films jetzt eigentlich auf sich hatte. Der Film streut zwar einige Hinweise, die das Mysterium unterfüttern, aber letztlich nur mehr Fragen aufwerfen, als sie beantworten können. Der Grund dafür ist klar, und dass Kevorkian dieses Konzept so konsequent durchgehalten hat, ist beachtlich: THE DISAPPEARED ist ein streng perspektivisch erzählter Film, der nie die Position seiner Hauptfigur verlässt, auch nicht mehr nach dem Finale. Das Publikum, so verlangt es die Konvention, muss jetzt eine Erklärung präsentiert bekommen, was eigentlich genau passiert ist. Dem Film geht es aber nur um seinen Protagonisten, und für diesen ist dann auch alles abgeschlossen. Den Abschluss der umgebenden Geschichte verweigert der Film aber.
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FFF'09: BRONSON (Nicolas Winding Refn, Großbritannien 2009)
Ohne PUSHER vom selben Regisseur zu kennen, aber mit unguter Erinnerung an den für meinen Geschmack zu sehr in der behaupteten Coolness seines Protagonisten schwelgenden CHOPPER (mit ähnlichem Thema, aber anderem Verantwortlichen), hatte ich wenig Lust auf BRONSON. Diese Art von Personenporträts laufen oft zu sehr Gefahr, in Richtung eines sogenannten "Tarantino-Klons" zu gehen, höchstens mit weniger "Humor", dafür aber noch mit einem Alibi von Sozialkritik und vor allem dem ganz tollen "Tabubruch", hier ein Arschloch als Held zu präsentieren. BRONSON macht all das gar nicht. Seinen - ohnehin sparsamen - Humor bezieht er nie aus Eskapismus in die Coolness, sondern schafft sogar, genau dieses Stilmittel der oben genannten Filme zu dekonstruieren, wenn er seine Hauptfigur immer mal wieder den Versuch wagen lässt, lustig zu sein. Dazu dient auch, dass BRONSON seine Geschichte selbst erzählt, vor einem imaginierten Theaterpublikum, und damit einen bemerkenswerten Hybriden aus einem unzuverlässigen und einem auktorialen Erzähler abgibt. Eine Szene macht besonders deutlich, wie BRONSON seine Fassaden aus umgekehrter Richtung als solche entlarvt: Nach seiner ersten Verhaftung zeigt Refn den kahlrasierten Schädel in Großaufnahme von hinten, und wir hören ein leises Schluchzen. Bronson hebt seine Hände an das Gesicht, und Schnitt: Ruckartig fährt er herum, reißt die Hände herunter und offenbart aufgeschminkte Tränen und ein breites Lachen, und die Szenerie ist nicht mehr die Gefängniszelle sondern besagte Rahmenerzählung auf der Theaterbühne. BRONSON ist ein Film über Selbstinszenierung, und seine zahllosen Kämpfe gegen die Gefängnisbeamten sind im Grunde nichts anderes. Dabei zeichnet Refn seine Hauptfigur nie als den Unsympath, den der Titel "Englands most brutal prisoner" vermuten lässt, umschifft aber auch die Klippe, ihn dabei zu verharmlosen oder zu glorifizieren, sondern erklärt seine Ausbrüche lediglich: Nicht als Ausdruck eines unbeherrschten Temperaments oder irgendeines Traumas, sondern als Möglichkeit zur Selbstverwirklichung einer Person, die mit gesellschaftlichen Standards nicht kompatibel ist.

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FFF'09: LOFT (Erik Van Looy, Belgien 2008)
Großartig ist Van Looys Film immer dann, wenn sich der Regisseur auf seine Bilder verlässt. Mit seiner Kamera, die einerseits nervös und nah an den Figuren zu einem weiteren Protagonisten wird, andererseits aber auch mit großartig weicher Unschärfe den Bildhinter- von seinem Vordergrund trennt, gelingt Van Looy der Spagat zwischen einer sehr artifiziellen und einer stellenweise gar realistischen Ästhetik. Auch die Rückblenden-Medleys, immer ein kritischer Moment, bei dem ich mich als Zuschauer gerne unterschätzt fühle, schneidet Van Looy mit viel Gespür für das Timing und den Rhythmus seines Films.
So schön LOFT aber auch aussieht, so schade ist es auch darum: Sein Plot verliert sich in einer bitteren Moralfabel um mal wieder die erfolgsgelangweilten Männer mittleren Alters, nur dass diese hier im Gegensatz zu NEW TOWN KILLERS nicht arme Unterschichtler umbringen, sondern sich eben durch sämtliche hübschen Twenty-Somethings von Antwerpen vögeln. Dabei ist die Eskalation mit der Frauenleiche im gemeinsamen Seitensprung-Appartment noch das schönste Element dieser schlichten und später viel zu überraschungsversessenen Geschichte. Der Rest ist abgeschmackter und beinahe-reaktionärer Unsinn.

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FFF'09: BLOOD: THE LAST VAMPIRE (Chris Nahon, Hong Kong/Japan/Frankreich 2009)
Vielleicht liegt es auch an der zwanghaften Amerikanisierung, der diese Realverfilmung eines Animes zum Opfer gefallen ist, dass ich BLOOD zuallererst mal als stinklangweilig bezeichnen muss. Da wird der Hauptfigur ein nutz- und sinnloser Sidekick in Form einer amerikanischen Generalstochter zur Seite gestellt und überhaupt weite Teile des Films in einer amerikanischen Militärbasis in Japan abgefeiert, ohne dass diese Internationalisierung einer Bedrohung aus der japanischen Sagenwelt sich zum eigentlichen Plot fortgesetzt hätte. Dieser nämlich verlässt nie die Ebene einer CHINESE GHOST STORY, inklusive deren ethnischer Zentrierung, aber dafür völlig ohne ihren ehrlichen Charme. Was sich zu Anfang noch so anlässt, als könnten wenigstens die in hoffnungslos lächerlichen CGI-Blutfontänen ertränkten Kampfszenen Spaß machen, verliert spätestens in der ausladenden Sequenz eines Straßenkampfes seinen Reiz: Immer wieder habe ich mich gefragt, ob Nahon hier nicht schamlos Einstellungen zweit- und drittverwurstet, um die ohnehin viel zu seltene Action wenigstens ein bißchen auf Länge zu bringen. Auf dieses zwar 15 Minuten lange aber nur 3 Minuten interessante Gekloppe folgt dann logischerweise auch ein großer Brocken Nichts, Fetzen einer wenig involvierenden und millionenfach gehörten Handlung, übererklärt und -formuliert, zwischendrin Rückblenden, bei deren japanischen Originaldialogen der ansonsten englischsprachige Film zu allem Überfluss dann auch auf die Untertitel verzichtet hat. Zum Ende hin wurde die Laufzeit quälend lang, auch der bereits mehrere Meilen gegen den Wind wahrzunehmende Gestank des fauligen Plottwists wirkte eher kontraproduktiv. Den Rest gab Nahon seinem Filmchen dann mit einem antiklimatisch-unspektakulären Showdown und einem fatalistischem Schlussmonolog des nervtötenden army brats. "BLOOD: THE LAST VAMPIRE movie that should have been made", las ich in einem Blog. Ja, das stimmt so ungefähr.
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FFF'09: IN THE ELECTRIC MIST (Bertrand Tavernier, Frankreich/USA 2009)
Wer auf die Idee kam, diesen Krimi mit SHINING zu vergleichen, würde mich schon mal interessieren. Leider schweigt sich das FFF-Programmheft ja stets über die einzelnen Autoren aus, also kann ich leider nicht nachvollziehen, wen man für diesen Dummfug verantwortlich machen kann. OK, zugegeben, im ELECTRIC MIST nur einen Krimi zu sehen greift auch deutlich zu kurz. Immerhin geht es aber um das whodunnit der Mädchenmorde, und wenn Tommy Lee Jones einen großartig Chandleresquen Off-Kommentar spricht, dann klingt das alles schon sehr nach Noir, in den Sümpfen Louisianas. Der SHINING-Vergleich rührt dagegen wohl von den LSD-induzierten Visionen des Protagonisten her, die ihn mit einer kleinen Einheit im amerikanischen Bürgerkrieg gefallener Konföderierten-Truppen bekannt machen, deren General dem Polizisten mit orakelhaft vagen Hinweisen bei der Aufklärung des Falles hilft. Viel bemerkenswerter an diesem Film, der auf jeden Fall zu meinen Top-5 des diesjährigen Festivalprogramms gehört, ist seine Erzählweise: Er verwebt seinen Krimiplot mit einem Stimmungsporträt des Louisiana post-Katrina, lässt seine Kamera immer wieder in einem wunderschönen DOWN BY LAW-Zitat an den zerstörten Wellblechhütten vorbeifahren und thematisiert mittendrin eine Gesellschaft, die sich zwar redlich bemüht, keine Rassentrennung mehr vorzunehmen, aber von dieser Schuld immer noch schwer gezeichnet ist. Überhaupt, Orakel: Es gibt verschiedene Randfiguren im ELECTRIC MIST, deren rätselhafte und merkwürdig einstudierte Sprechweise anfangs noch befremdet, später aber zum Blues dieses Films einen entscheidenden Beitrag leistet und ihn an der Grenze zum Surrealismus verortet. In einer Randnotiz belegt die mehrfach gelesene Auffassung, dass Tommy Lee Jones' Figur ja die gleiche wie in NO COUNTRY FOR OLD MEN sei, dass große Teile des Festivalpublikums einfach zum genauen Hinschauen nicht fähig sind. Dave Robicheaux ist zwar ebenfalls Polizist, charakterlich aber ein direkter Gegenentwurf zum Sheriff Bell aus NO COUNTRY. Gleiches gilt auch für die Tatsache, dass der 117-minütigen Festivalfassung des Films weitgehend mit der Meinung begegnet wird, zu lang zu sein. Die bereits erschienene amerikanische DVD ist um gute 15 Minuten erleichtert. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie eine solche Kürzung dieses wunderbaren Films ohne ein Massaker passieren konnte und hoffe auf ein baldiges Release der vollständigen Fassung. James Lee Burke, der Autor der Buchvorlage, ist hiermit übrigens auf meinem Schirm gelandet.
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FFF'09: NEW TOWN KILLERS (Richard Jobson, Großbritannien 2008)
Trauriger Tiefpunkt dieses ohnehin ziemlich egalen Menschenjagd-Filmchens ist eine Szene, die wohl im Programmheft mit "Dougray Scott spielt sich die Seele aus dem Leib" gemeint ist: Ein mehrminütiger Monolog, in dem besagter Schauspieler mit exaltierten Pausen und diversen peinlichen Grimassen pathethischst zum Besten geben darf, warum er als erfolgreicher Bänker die britische Unterschicht so verachtet und ihre Vertreter deswegen gerne mal umbringt. "Das ist mein Hamlet", muss er sich wohl gedacht haben, dabei ist NEW TOWN KILLERS von jedwedem Klassiker in etwa so weit entfernt wie ranzige Mettwurst von einem frischen Salat. Mal wieder geht es in dem für mich inzwischen unerträglichen Stil des britischen Sozialrealismus darum, wie zynisch doch das Finanzwesen sei, und wie ausbeuterisch und überhaupt. All das dann in die wenig originelle Allegorie verpackt, dass die da oben ja gerne die da unten nachts zur eigenen Belustigung jagen und umbringen, "because I can" und so, all das, was man eben schon viel zu oft gehört hat. Langweilig war dieses Anspruchskino für die seit G.W.Bush politisch interessierte Generation obendrein. Nach 60 Minuten habe ich ziemlich genervt den Saal verlassen
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FFF'09: SECRET DÉFENSE (Philippe Haim, Frankreich 2008)
Zu Beginn war das anstrengend: Eine viel zu nahe Kamera, in Dialogen bedeckte auch gerne mal der unscharfe Hinterkopf des einen Gesprächspartners zwei Drittel der Leinwand, unruhig und fahrig der Schnittrhythmus, eine allgegenwärtige Nervosität durchdringt hier die Ästhetik. Haim findet mit fortschreitender Handlung eine ruhigere Inszenierung, in der sich die wachsende Sicherheit der anfangs noch ziellosen Protagonisten spiegelt. SECRET DÉFENSE erzählt die Geschichte einer Orientalistik-Studentin, die vom französischen Geheimdienst angeworben wird, und die eines jungen Kleinkriminellen, der im Gefängnis mit einem arabischen Terrornetzwerk in Berührung kommt. Weniger als für eine spannende Agentengeschichte interessiert sich Haim für das "human element", er stellt seinem Film auch einen Monolog voran, nachdem ein Agent nie als Mensch begriffen werden dürfe, sondern stets nur als Waffe. Für die beiden Nachwuchsprofis steht also die Überwindung der Emotion, das Erlangen professioneller Apathie, als Ziel ihrer Entwicklung.
SECRET DÉFENSE parallelisiert letztlich zwei entgegengesetzte Geheimorganisationen und macht deutlich, dass sich im politischen Konflikt trotz der Verschiebung von der zwischenstaatlichen Ebene auf den "War on Terror" nicht viel geändert hat. Die beiden Protagonisten sind darin nicht Helden sondern lediglich Bauernopfer, und sie erkennen das mit tragischem Fatalismus. Vorwerfen kann ich dem Film nur seine Texteinblendung zum Schluss, die den Film an der Grenze zum Reaktionären in der Realität verorten will, indem sie aufrechnet, wie wichtig doch die Arbeit der französischen Geheimdienste für die Sicherheit sei.
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FFF'09: THE DESCENT: PART 2 (Jon Harris, Großbritannien 2009)
Dürfte ich zwei Szenen schneiden, so wäre ich mit DESCENT 2 rundum zufrieden. Da gibt es einmal den saublöden Kalauer, als eines der Höhlenviecher die lokale Jauchegrube benutzt, und dann gibt es da noch den völlig sinnfreien Abschlusstwist. Warum diese schöne Parallelwelt-Fabel in ihrer letzten Szene noch versucht, Backwoods-Horror zu simulieren, will mir einfach nicht in den Kopf. Auch, wie dieser Abschlussgag in die Handlungslogik passen soll.
Trotzdem, enough knitpicking: DESCENT 2 macht genau das großartig, was man von dieser Art Buh!-Filmen erwartet. Die klaustrophische Atmosphäre in den Höhlen ist dabei nur Wegbereiter dafür, dass die sehr viel vordergründigeren Schocks auf fruchtbaren Boden fallen können, anstatt am abgeklärten Publikum nur abzuprallen. Auch spielt Harris einige Male mit der Konvention, wenn er den Angreifer aus vollkommen unerwarter Richtung ins Bild springen lässt.
So viel zum Vordergründigen. Auch dahinter hat DESCENT 2 aber viel zu bieten: Nie macht Harris einen Hehl daraus, dass der Abstieg in die Höhlen und die Begegnung mit den Tier-Menschen dort unten auch allegorischen Charakter hat. Für die Protagonistin ist das Schuldbewältigung ebenso wie Überwindung des eigenen Instinktwesens, der letztliche Ausweg ist schließlich nur einem fertigen Menschen erlaubt, daher ist auch die Fortsetzung mit gleicher Protagonistin nur konsequent. Was mich dann aber doch wieder zum Filmende zurückbringt. Dürfte ich nur eine Szene schneiden, so bliebe der Kalauer wohl drin. Das ist zwar ein Fremdkörper, lässt aber wenigstens nicht vermuten, dass hier jemand seinen eigenen Film gar nicht verstanden hat.
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FFF'09: FINAL DESTINATION 3D (David Ellis, USA 2009)
Natürlich ist das 3D-Kino ein Gimmick, und natürlich ist die FINAL DESTINATION-Reihe spätestens seit Teil 2 eine Reihe, die sich ohnehin nur um technische Gimmicks dreht. Die Anwendung dieser Spielerei ist also nur konsequent. Nach wie vor störe ich mich aber zu sehr daran, wie die Technik die Bilder in ihrer Gesamtheit zerstört, fotografische Eigenheiten zu Schwächen macht und überhaupt dem Zuschauer wenig Raum zum Erforschen des Bildes lässt, als dass ich das uneingeschränkt genießen könnte. Trotzdem, die negativen Stimmen zum Film scheinen mir einem Vorurteil geschuldet, dass ja ein vierter Teil ohnehin nur Käse sein kann, und dass FD4 überhaupt so etwas wie Erzählkino sein möchte. Teil 3, den ich nicht gesehen hat, scheint ja schon mit seiner einleitenden Szene im Vergnügungspark anzudeuten, dass wir hier eher eine Jahrmarktsattraktion besuchen. Und gerade diese wenig kohärente Revuestruktur ist es auch, die der Film vollendet: Bereinigt um fast alle Füllszenen bietet Ellis wahnwitzige Kettenreaktionen am Fließband, die zwar allesamt nicht besonders originell sind, aber gerade durch die Fülle an falschen Fährten, welche die Ästhetik vorher legt, stets pointiert bleiben. Der Trick ist so einfach wie effektiv: Zeige alles, was schief gehen könnte und lass' 80% davon harmlos verpuffen.
Ein wenig aufgesetzt, aber auch nicht uninteressant, ist der nur angedeutete Diskurs um den der Serie inhärenten Determinismus: Ist das unnachgiebige Schicksal im herkömmlichen Slasher noch personifiziert und damit verwundbar, so braucht FD gar keinen Antagonisten mehr. Die unglücklichen Teens hier laufen vor ihrer Bestimmung davon, üben sich in einer Extremform des Eskapismus, wenn sie versuchen, ihr Leben gänzlich ohne Gefahr zu gestalten. Gleichzeitig haben sie aber kein Problem damit, die Unausweichlichkeit ihres Schicksals - also die von der Plotlogik vorgegebene Todesreihenfolge - schnell zu akzeptieren, nur um sie dann eben doch vermeiden zu wollen. "Better safe than sorry", sagt einer mal gegen Ende, als er sich schon in Sicherheit wiegt. Und stellt wenig später die Frage, ob sie überhaupt vor irgendeinem Unfall davongelaufen sind, oder nicht einfach von Anfang an alles so vorbestimmt war, wie es jetzt gekommen ist.

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FFF'09: WASTING AWAY (Matthew Kohnen, USA 2007)
Ein Zombiefilm aus der Sicht der Zombies, die gar nicht wissen, dass sie eigentlich Zombies sind. "Simply brilliant", schreibt einer in der imdb über den Film, und dem Herren möchte ich am Liebsten mal zwischen die Beine treten. Zu meiner Schande muss ich eigentlich nur gestehen, dass ich diesen Quatsch die ersten 5-10 Minuten noch ganz sympathisch fand, bis dann klar wurde, dass der Film hier am Besten auch wieder aufgehört hätte. Das war ein bißchen wie bei BLACK DYNAMITE: Kohnen hat aus Zombiefilmen anscheinend nichts mitgenommen, außer dass sie schlechte Make-Up-Effekte haben. Wenn man diese jetzt also ganz offensichtlich noch schlechter macht, "so scheiße, dass es schon wieder gut ist", dann kommt nach seiner Ansicht wohl ein Witz bei heraus. Und, ja, ein Witz. Singular. Mehr ist das nämlich nicht, was hier 90 quäääääääääääääälend lange Minuten erzählt wird. Dazu dann peinliche Albernheiten wie Brain-Margheritas, die hemmungslose Fremdschämerei gegenüber dem johlenden Publikum ausgelöst haben. Auch die lustige Überraschung, dass der Army-Hartarsch eigentlich nur erfolgloser Hausmeister ist, stand ihm seit dem ersten Auftritt ins Gesicht geschrieben. Und nicht einmal für netten Slapstick reicht es dann, wenn die bowlenden Zombies natürlich ihre Hände mit in Richtung Pins schmeißen und ihnen beim Sex die Geschlechtsteile abfallen. All das, ich erinnere mich schaudernd, von einer heiteren Menge im ausverkauften (!!!) Kino euphorisch gefeiert. Das Menschheitsbild, welches diese 90 Minuten in mir mal wieder bekräftigt haben, ist kein gutes.
Nur ein einziges Mal blitzte in WASTING AWAY so etwas wie unfreiwilliges Genie auf: Als den nervtötenden Protagonisten endlich ein Licht aufgeht, dass sie untot sind, meint einer "I don't feel like a Zombie". Die lakonische Antwort darauf: "Well, idiots don't feel stupid, either." Das gesamte Kino hat laut gelacht. Diesen Umstand fand jetzt erstmals auch ich lustig.
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