Das Schwein, das Caruso so liebt.
FFF 08: The Midnight Meat Train
Hochspannende Geschichte um das Funktionieren einer modernen Großstadt. Stefan und ich haben gestern im Auto nach Aufnahme des Podcasts noch ein wenig diskutiert, ob Kitamura hier eher utopische oder dystopische Zustände zeichnet. Immerhin ist die stereotypische Großstadt, durch die der MIDNIGHT MEAT TRAIN fährt, höchst funktionabel. Verbrechen und Schmutz ist beinahe daraus entfernt, nicht zuletzt dank panoptischer Überwachung(skameras). Die Suche nach Missständen wird ja sogar zur Aufgabe für den Künstler-Protagonisten, ist also keineswegs selbstverständlich einfach zu bewerkstelligen. Auf der anderen Seite ist die Funktion ja bloße Oberfläche, geschaffen durch die klare Trennung von der Dimension des Bösen und Hässlichen, indem eben irgendwelche Zombies unterirdisch mit Menschenfleisch versorgt werden. Sehr interessanter Film, den ich mir auf jeden Fall mal für meine Magisterarbeit vormerken muss. Albern waren lediglich manche Manierismen des Regisseurs sowie die zwanghafte Über-Erklärtheit des Finales. Dem Diskurs tat das keinen Abbruch.
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FFF 08: Outlander
Publikumsärgernis die zweite: Die letzten 90 Minuten des Films haben die drei "Pissflitschen" (Oli) hinter Oli, Leena und mir konsequent und wirklich ohne Pause durchgequasselt, in der festen Überzeugung, hier in einer stumpfsinnigen HOUSE OF THE DEAD-Fortsetzung zu sitzen, bei der man jede Szene mit grottendämlichen Kalauern kommentieren kann.
Der Film - so überraschend das klingen mag - hat diese Behandlung nämlich tatsächlich nicht verdient. Sicher, die Panoramafahrten sind abgedroschen, der Plot (Außerirdischer Soldat geht gemeinsam mit Wikingern auf Alien-Hatz) ein wenig pulpig und so das allerbeste Gespür für eine Wohldosierung des Pathos bewies der Regisseur auch nicht unbedingt. Dennoch: OUTLANDER bebildert seinen Diskurs um den moralisch-evolutionären Stillstand sehr konsequent, lässt die futuristische Heimatwelt von Jesus Caviezel dem abgebrannten Wikingerdorf doch beängstigend ähnlich wirken und legt ihm schließlich sogar noch ein "We're not different from you"-Selbstbekenntnis gegenüber den brandschatzenden Wikingern in den Mund. OUTLANDER ist allerbeste Unterhaltung, funktionabel in jeder Sequenz (OK, vielleicht 15 Minuten zu ausufernd, aber sonst...), und keineswegs diskursarm, wenn auch unaufdringlich.
Im Übrigen wäre dieses Wikinger-Setting auch ein schöner Hintergrund für eine Alien- oder Predator-Geschichte (oder beides)...
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FFF 08: Blind
Nach ART der zweite Film, den ich eher beim Münchner Filmfest vermutet hätte. Beeindruckt hat mich bei BLIND die wunderschöne Kamera und die Bildkadrierung, die von einer großen Leinwand besonders profitiert, indem sie das Geschehen oft an den Rand diverser Panoramen verlegt. Angesichts des Plots um einen blinden Protagonisten ist diese Ästhetikverliebtheit natürlich besonders beißend, spiegelt sich aber in der konsequenten Ödnis und Farblosigkeit der Winterlandschaften. Farblosigkeit, hier manifestiert sich dann die Protagonistin...
Kunstvoll, wie sich die Liebesgeschichte in der Bildästhetik wiederfinden lässt, auch das parabelhafte Märchen von der Schneekönigin, das durch den Film hindurch immer wieder erzählt wird, gibt eine schöne Vordeutung auf das Ende des Films. Der Diskurs gerät zwar etwas kitschig, aber dank der völligen Unaufgeregtheit des Films macht das überhaupt nichts. Ein wenig litt er bei mir darunter, dass ich eigentlich auf diese Art Film gerade so überhaupt keine Lust hatte. Aber das ist jetzt nur noch subjektiv.
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FFF 08: The Art of Negative Thinking
Richtiggehend widerlich, wenn offenbar 80% des Publikums sich dank des Programmheftes und eines Protagonisten, der dem großen Lebowski marginal ähnlich sieht, vollkommen sicher ist, sich in einer "abgedrehten Komödie" mit "genialen Dialogen" und "coolen Figuren" zu befinden und infolgedessen einfach jede tragische Szene mit peinlichem Lachen quittiert. Aber wahrscheinlich sind das alles Leute, die der festen Überzeugung sind, dass Behinderte auch prinzipiell eigentlich lustig sind, aber es halt unkorrekt ist, über sie zu lachen. Zum Glück darf man das hier, wenn einer aus dem Rollstuhl fällt.
Immerhin, der vermeintliche comic relief steht durchaus in Einklang mit dem Inhalt des Films. Schließlich geht die Selbsthilfegruppe ja gerade an der aufgezwungenen "think pink"-Attitüde zu Grunde, die den Leidenden völlig verwehren will, mit ihrem Leben unzufrieden zu sein und stattdessen alles mit eingefrorenem Lächeln und Sonnenschein aus dem Arsch hinzunehmen. So gesehen scheitert das Publikum ebenso wie die Gruppenleiterin, nur dass ersteres wahrscheinlich nicht mitbekommt, dass die Gruppenleiterin schlussendlich als die einzige wirklich kaputte Gestalt reintegriert wird, während sich die vermeintlichen Witzfiguren dank ihres neuen un-kalaurigen Selbstbewusstseins langsam mit ihren Problemen auseinandersetzen.
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