Das Schwein, das Caruso so liebt.
FFF 08: Eden Lake
Eröffnungsfilm und mal wieder - wie Oli so schön formuliert hat - der typische Griff ins Klo. Es ist nämlich keineswegs so, dass die Eröffnungsfilme des FFF traditionell besonders miese Festivalbeiträge sind, sie sind vielmehr traditionell besonders mediokre, die sich aber gleichzeitig unglaublich wichtig und überbordend und clever präsentieren. So auch hier: Der Diskurs über Gewaltbeziehungen zwischen Jugendlichen und Erwachsenen, der hier an allen Ecken und Enden ins Gesicht des Zuschauers gespuckt wird, ist ja tatsächlich nett eingeführt. Die Protagonistin ist Grundschullehrerin, und wird natürlich in einer Szene eingeführt, die sie als besonders liebes und gutmütiges Exemplar zeigt. Die anschließende Autofahrt zum Eden Lake ist dann begleitet von einem Medley aus Radiosendungen zu familienpolitischen und pädagogischen Themen, und beim Zwischenstopp darf man natürlich kurz erschreckt aufschauen, als ein Kind von seinen Eltern eine schallende Ohrfeige einfängt. Umso reaktionärer wird es dann, wenn die gutmütige und antiautoritäre Lehrerin mit ihren Methoden an der völlig missratenen Landjugend Englands scheitert - um dann anzuhängen, dass auch dort natürlich der Apfel nicht weit vom Stamm gefallen ist und die Asozialität genetisch vererbbar sei, wie Stefan angeführt hat. Immerhin wirft EDEN LAKE die Frage auf, ob nicht erst der Verstoß gegen ihre Prinzipien das Schicksal der Lehrerin abschließend besiegelt hat. Ob das den reaktionären Ton des Films abmildern kann, bin ich mir noch unschlüssig.

Am Rande: F-LM-Podcast mit u.A. meiner Beteiligung
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Filmtagebuch, wieder ein paar Nachträge
THE MIST
So viel Geschwärme in den letzten Wochen gelesen, musste ich endlich nachholen. Habe mir die Schwarzweiß-Fassung angesehen, und leider - auch wenn das Darabonts Wunschfassung ist - merkt man ihr an, dass der Film in Farbe gedreht ist, einiges funktioniert da einfach nicht, sieht nicht nach sw-Film aus, sondern nach dem Fehlen von Farbe, nichts weiter. Dafür kommt an anderen Stellen sehr schön zur Geltung, wie sehr sich der Film aus der Zeit nimmt, wie er gleichzeitig in den 50ern und heute spielt, sich eben nicht verorten lässt. Das passt natürlich wunderbar zur Versetzung an den Nicht-Ort, den der Nebel bewirkt. Und dass Tommy Jane zu Beginn natürlich ausgerechnet diese tollen Filmplakate malt, muss man auch gern haben.

DER PARTYSCHRECK
Unglaublich. Ich hatte den ja bereits gesehen, aber nicht so toll in Erinnerung. Dass Bakshi von diversen Texten diese Katastrophen-Onkel-Rolle zugeschrieben wird, ist ja eigentlich völlig unberechtigt. Die Katastrophe resultiert viel eher aus dem Culture Clash, der sich da vollzieht, aus der subtilen aber absolut kompromisslosen Höflichkeit seines Protagonisten, die auf die eher nach außen zelebrierte höfische Attitüde der Hollywood-Bonzen trifft. Dazu verortet Edwards seinen Film als Zeitgeist-Produkt der 60er, mit Sellers als Hippie-Idol en passant, und dem ohnehin furiosen Finale. Es wäre hochinteressant, welchen Themen sich Edwards heute widmen würde, würde er den PARTYSCHRECK jetzt drehen. Nicht interessant wäre allerdings, wie der Film aussähe, würde er als heute typische Komödie erscheinen. Komödien dieser Tiefe und Durchdachtheit sind im aktuellen Kino kaum noch existent, beschränken sich höchstens auf wenige satirische Ausflügler. Schade.

DIE SCHRILLEN VIER AUF ACHSE
...hier lässt sich direkt wieder applizieren, was ich zuletzt zum PARTYSCHRECK schrieb. Natürlich ist das eine Kalauerparade, keine Frage, aber eingebettet in einen ziemlich komplex ausformulierten Diskurs über familiäre Rollenverteilung und falsche Amerika-/Heimatbilder. Auch so ein Film, der einer sehr genauen Betrachtung standhält, und der den Blick auf aktuelle Komödienproduktionen weiter mit nostalgischem Skeptizismus beschwert.

CLOVERFIELD
Zweitsichtung. Schön, wie der Film, gerade auch in seiner DVD-(Bluray-)Präsentation, bemüht ist, einen Mythos um sein Monster zu stricken. Die Darstellung eines urbanen Katastrophenszenarios finde ich übrigens nach wie vor unglaublich effektiv. Beim Blick aus meinem Fenster auf das Hochhaus gegenüber hallte der Film wiederum nach.

HOT FUZZ
Drittsichtung. Eine dieser Ausnahmen bzgl. der aktuellen Komödienproduktion, allerdings eben durch seine parodistischen Züge nicht ganz vergleichbar. Auf jeden Fall scheint mir das Team um Ed Wright und Simon Pegg die einzigen legitimen Nachfolger von ZAZ zu sein. Neue Erkenntnis bei dieser Sichtung: HOT FUZZ parodiert ja gleichzeitig noch sämtliche homoerotischen Untertöne der zitierten Buddy-Action-Movies. Sergeant Angel, dem in der Großstadt grade eine Beziehung zerbrochen ist, müsste jetzt nach allen dramaturgischen Regeln in der Kleinstadt die neue große Liebe finden, findet stattdessen aber Nick Frost, und kauft ihm Blumen. Toll.
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