Das Schwein, das Caruso so liebt.
A History Of Violence (David Cronenberg, USA 2005)
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Es gibt hier ganz schön viele gemeine Szenenpaare, die die Story besonders fies verknappen. Besonders auffällig da: die Sexszenen. Zuerst, der american dream ("Wir waren nie gemeinsam Teenager"), mit Cheerleader-Kostüm und ein bißchen Rollenspiel ("pssst, mein Vater soll uns nicht hören"), und dann das komplette Gegenteil, die Beinahe-Vergewaltigung, die auch jenseits der Leinwand höchst somatisch wirkt. Im Kleinen zeigt sich diese Zweiteilung auch in Mortensens Schauspiel, wo - gerade bei der zweiten Sichtung auffällig genial - er vor jeder neuen, überzeugenden Lüge bezüglich seiner Identität ein ganz kurzes Aufflackern von Unsicherheit in den Augen zeigt, ein klein wenig eben doch den Joey spielt, aber nur eine Milisekunde. Man bemerkt das erst, wenn man weiß, dass es da ist, aber dann ist es plötzlich unübersehbar.

"You're really living the american dream, right?" Und das Zynische daran: Joeys neues Leben als Tom Stall, eben das Ausleben dieses "american dream" ist auf Gewalt aufgebaut, bzw sogar wohl nur dadurch ermöglicht ("Der Name war gerade verfügbar"). Und dann, nach dem kurzen Intermezzo zurück im alten Dasein als eiskalter Killer, erfolgt eine Neugeburt: Überkitscht katholisch inszeniert als Taufszene, die Kette mit dem kleinen silbernen Kreuz baumelt von seinem Hals und funkelt vor sich hin, unübersehbar. Ebenso die Rückkehr in die Familie, pünktlich zum Abendmahl. Diese "History of Violence" ist mal mindestens auch eine höchst pessimistische "History of America", oder wenigstens eine "History of Society" oder etwas in der Art.
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Opening Night (John Cassavetes, USA 1977)
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Beeindruckend: Gena Rowlands. Noch beeindruckender: Die Mise-en-scène. Fantastisch, wenn Cassavetes die Kamera stets ein wenig zu dicht an den Darstellern positioniert, den Bildausschnitt immer ein klein wenig zu eng wählt. Da dürfen auch mal Gesichter angeschnitten werden, ohne dass die Bilder deswegen gleich schlecht aussehen, das Gefühl dafür hat(te) er. Oder wenn er in Dialogen von den Gesichtern auf die Hände der Sprechenden schneidet und diese beobachtet. Toll: Gena Rowlands' Unterkunft, ein riesiger Raum, spärlich möbliert, hauptsächlich freie Fläche. Ohne das entsprechende Szenen im Film vorkommen, ist klar, wie sie, die Schauspielerin, hier auf und ab geht, auf und ab gehen MUSS, während sie ihren Text einstudiert. Und natürlich, und das ist ja dann auch durchaus wichtig, wie klein sie darin ist, bzw. wie ohnmächtig. Schmerzhafter Moment: Gena Rowlands wankt sturzbesoffen am Premierenabend durch den Backstage-Bereich, kann sich nicht auf den Beinen halten, und muss dennoch auf die Bühne. Großartiger Moment: Ben Gazzara mit seiner Frau, obwohl alles gut ist, ist doch irgendein kleiner, unsichtbarer Keil zwischen den Beiden. Sie will diese Barriere durchbrechen, nähert sich ihm, während er sich einen Drink einschenkt. Cassavetes schneidet wieder auf ihre Hand und verfolgt nur deren sanfte, subtile Berührung.
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Viva São João! (Andrucha Waddington, Brasilien 2002)
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Ein äußerst seltsames Kinoerlebnis im Rahmen des "Brasil Plural"-Festivals im Münchner Filmmuseum: Ein Saal, zu zwei Dritteln mit Brasilianern gefüllt, die abwechselnd das dargebotene brasilianische Liedgut fröhlich (und lautstark) mitträllerten, oder sich in schluchzendem Heimweh ergossen. Und, das war auch das Seltsame an dem Film: Er scheint sich ausschließlich an heimwehkranke Brasilianer in der Fremde zu richten. Am Schluss dann, und das hat mir schon gefallen, driftete der eigentliche Dokumentarfilm in einen so seltsamen Pathos ab, dass ich unweigerlich an Werner Herzog denken musste.
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Der Greifer (Philippe Labro, Frankreich 1976)
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Nett, dass Belmondo wieder mit der Terrence Hill-Stimme unterwegs war. Und dass die Sprüche wohl von Rainer Brandt kamen, jedenfalls klangen sie schwer danach. Skurril die reaktionäre Haltung: Die "Bestie" als schwuler Sadist (und Steward!), der Gefängnisobermotz als sowas Ähnliches und Belmondo mittendrin als Männlichkeit pur. Hat Spaß gemacht.
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Dead Meat (Conor McMahon, Irland 2004)
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Reizvoll ist, wie hier versucht wird, den gemeinsamen Nenner von NIGHT OF THE LIVING DEAD und BRAINDEAD zu finden. Schön ist auch das Outfit der Protagonistin, das mir sehr sorgfältig ausgewählt schien. Dieses bieder-modische Aussehen passt so gar nicht in den Film und in das Genre, und irgendwie ist es gerade deshalb ein Blickfang. Ansonsten ist DEAD MEAT irgendwie nur ein Amateurfilm, voller Schwächen und Kinderkrankheiten und Langeweile. Immerhin, Potential ist da, und das ist mehr, als ich den meisten anderen miesen Festivalbeiträgen zugestehen würde.
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The Dark Hours (Paul Fox, Kanada 2005)
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Eigentlich ist die Geschichte gar nicht so komplex, aber trotzdem bin ich bisher an dem Versuch gescheitert, sie sorgfältig und knapp zusammenzufassen. Der Film jedenfalls hat mir sehr gut gefallen: Irgendwie toll, wie Paul Fox hier das große Problem eines Gehirntumors vom kleinen Problem des fremdgehenden Mannes verdrängen lässt. Und, wie er das bebildert.
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Boo! (Anthony C. Ferrante, USA 2005)
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Der beste Beweis, dass man eine Geisterbahn nicht verfilmen kann. Einfach nur sämtliche Schockeffekt-Bausteine des gesamten Genres wahllos aneinander zu reihen macht noch lange keinen funktionierenden Film. Und, das Allerschlimmste: Nichtmal diese Schockeffekte funktionieren dann noch.
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Evilenko (David Grieco, Italien 2004)
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Malcolm McDowel war großartig und beängstigend, ansonsten blieb nicht so viel von dem Film an mir hängen. Ich war aber auch müde und kämfte gegen den Schlaf. Ärgerlich war der Authentizitätsanspruch, der bereits am Versuch einer einigermaßen plausiblen Darstellung der gesellschaftlichen Zustände im Russland kurz vor dem Fall des eisernen Vorhangs scheiterte...
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Casshern (Kazuaki Kiriya, Japan 2004)
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"Eine Oper!", liest man da in irgendeinem Fanreview, und der Autor ist ganz begeistert von der Bildopulenz. Dabei offenbar völlig vergessend, dass CASSHERN genau diesen Effekt - meinetwegen bewusst - ausgerechnet mit verschiedensten Leni Riefenstahl-Zitaten erreicht. Diese Faschismus-Zitate dann hanebüchen zu brechen, indem man diese armen, unverstanden Übermenschen ihren Fehler erkennen lässt, um die ganze Geschichte wieder zu Friede, Freude und Eierkuchen zu bringen, ist schon schwerst bedenklich.
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Freeze Frame (John Simpson, Großbritannien 2004)
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Zwischendurch war das richtig packend, was ich da gesehen habe. Ich bin zwar kein großer Freund dieser Überwachungskamera-Ästhetik, aber eigentlich war die auch gar nicht so dominant, wie man es hätte erwarten können. Stattdessen löste sich der ganze Film irgendwann in Wohlgefallen auf, als er zu einem schnöden und wirren Krimi wurde und die feinen Ansätze im Keim erstickte.
ausführliche Kritik
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